Geheimnisse der Finanzbranche

Eine Runde „Wer bin ich“ gefällig?
Heute reden wir über ein relativ gut gehütetes Geheimnis der Finanzbranche. Hast du dich einmal gefragt, warum du bei einem Steuerberater, Notar oder Rechtsanwalt ein Mandant bist und bei deinem Versicherungsvermittler ein Kunde? Unterm Strich gehst du zu allen in eine „Beratung“, nimmst eine Dienstleistung in Kauf und legst am Ende des Tages das Geld dafür auf den Tisch – warum also die Unterschiede in der Begrifflichkeit?

Was ist ein Kunde?
Ein Kunde ist in erster Linie jemand, der ein Produkt oder eine Dienstleistung nachfragt. Gehe ich also in den nächsten Supermarkt und kaufe eine Flasche Wasser bin ich Kunde des Supermarkts. Das war einfach. Niemand hat mich beraten diese Flasche Wasser zu kaufen, der Supermarkt hat sie auch nicht für mich oder gar in meinem Auftrag bestellt und wenn die Flasche Wasser verdorben ist, weil beispielsweise ein Etikett vertauscht wurde und das Mindesthaltbarkeitsdatum nicht mehr stimmt, vertritt der Supermarkt auch nicht meine Interessen gegenüber dem Hersteller.

Was ist ein Mandant?
Im Unterschied zum Kunden, ist der Mandant Auftraggeber. Er erteilt das Mandat zur Vertretung seiner Interessen vor bspw. Institutionen, wie dem Finanzamt im Sinne des Steuerberaters. Die Rechtsstellung ist also vertauscht. Der Steuerberater, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder Notar handelt auf die Anweisung des Mandanten hin – der Kunde wird also Auftraggeber. Auf unser Wasserflaschenbeispiel gemünzt, würde ich also zum Supermarkt gehen und der freundliche Supermarktmensch berät mich, welches Wasser zu mir passt. Sollte etwas mit dem Wasser nachher nicht stimmen, setzt sich mein Berater für mich und meine Interessen gegen den Hersteller ein.

Wie ist das eigentlich wenn es um Geld geht? Bin ich Mandant oder Kunde meines Versicherungsvermittlers? Es gibt drei große Untertypen vom klassischen „Versicherungsmenschen“.

  1. Als erstes haben wir die Ausschließlichkeitsvermittler. Die Kollegen mit den Schnürschuhen, die nur „Pfefferminzia“, „Apfelsinia“ oder „Alte Obstsorte“ vermitteln. Der Auftraggeber ist dem Namen entsprechend also ein Versicherer (manchmal auch ein Versicherungskonsortium – ähnlich den Brauereien, gehören viele Versicherer eigentlich unter ein Dach, bspw. Generali und AachenMünchner). Der Ausschließlichkeitsvermittler kann also per Definition keine Mandanten haben, weil er im Namen und Rechnung der Gesellschaft, die er vertritt handelt und nicht auf Anweisung des Kunden.
  2. Die nächste große Gruppe sind die Mehrfachagenten. Das Wort hab ich mir nicht ausgedacht – die heißen wirklich so. Oft vertreten über Strukturvertriebe. D. h., dass der Vermittler zwar mehrere Gesellschaften vermittelt, sein Auftraggeber aber sein Vertrieb ist, welcher im Regelfall zu einem Versicherer gehört, der bevorzugt vertrieben wird (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel). Auch hier kann nicht von Mandanten gesprochen werden, sondern von Kunden, da der Handelsvertretervertrag des Mehrfachagenten ihn zu einem arbeitnehmerähnlichen Selbständigen macht, was für ihn so ziemlich das schlechte aus beiden Welten verbindet (aber dazu ein anderes Mal mehr).
  3. Die dritte (und seltenste) Spezies ist der Makler. Nun haben wir ihn endlich gefunden: den Mandanten. Im Unterscheid zu ersten beiden ist der Makler von seinem Mandanten beauftragt und hat Sorgfalts- und Fürsorgepflichten ihm gegenüber. Glaubst du nicht? Du könntest ihn auf jeden Fall reichlich zur Verantwortung ziehen, sollte er nicht in deinem Sinne handeln (für die ganz Genauen unter euch: zu finden ist das im §34d Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GewO i. v. m. § 93 Abs. 1 HGB).

Woher weiß ich wer wer ist, wenn alle das Gleiche erzählen? Das Problem ist bekannt – wer auch immer in deiner Küche deinen Kaffee schlürft erzählt dir, wie unabhängig er doch ist und das immer an erster Stelle der Kunde steht. Unabhängig davon, dass das natürlich immer auch der Wahrheit entsprechen kann, hat nur der Makler wirkliches Interesse an Zielkongruenz. Schlicht und einfach aus rechtlicher Sicht, ist er dabei der verwundbarste. Jeder bei der IHK registrierte Vermittler und Makler hat eine Registrierungsnummer, die er dir aushändigen MUSS. Meistens ist die auf seiner Visitenkarte zu finden, definitiv jedoch in der Erstinformation (manche nennen es Maklerauftrag). Diese Nummer sieht wie folgt aus: D-Y9D0-5I40A-02. Im IHK Vermittlerregister unter www.vermittlerregister.info lässt sich diese Nummer eingeben, suchen und hoffentlich auch finden. Dort findest du das Unternehmen bzw. den Selbständigen mit Anschrift, Geschäftsführern, weiteren Registrierungen und am wichtigsten: der Tätigkeitsart. Darunter hat die IHK für einen Makler „Versicherungsmakler mit Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO“ eingetragen. Solltest du das lesen, kannst du dir sicher sein, dass du Mandant bist und damit auch die besondere Rechtsstellung genießt.

Ich möchte hier natürlich mit keiner Silbe behaupten, dass irgendjemand oder irgendetwas besser ist, als etwas anderes. Aber Zielkongruenz schafft, meiner bescheidenen Meinung nach, auch Transparenz.

Und beim nächsten mal geht es weiter mit dem Geheimnis um die Sachkunde.

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